Der Schwarze Vere und Ostrach

Der „Schwarze Vere“ Xaver Hohenleiter führt vor 200 Jahren über mehrere Monate hinweg in Oberschwaben eine gefürchtete Räuberbande an. Am 20. Juli 1819 wird er in seiner Gefängniszelle vom Blitz erschlagen. Damit endet ein bewegtes Leben, das vor allem durch diesen ungewöhnlichen Tod zur Bildung vielerlei Legenden anregt.

Was hat der Schwarze Vere mit Ostrach zu tun?

Nach der politischen Neuordnung im Jahre 1806 existieren im südwestdeutschen Raum nur noch das Großherzogtum Baden, das Fürstentum Hohenzollern und das Königreich Württemberg als souveräne Staatgebilde, die gut verwaltet und mit entsprechenden Sicherheitsorganen ausgestattet sind. Auf Ostracher Gemeindegebiet treffen die Grenzen dieser drei Länder aufeinander. Es existieren Enklaven und Exklaven. Dichte Wälder und undurchdringliche Moore prägen die Landschaft. Die Gegend ist dünn besiedelt, durchsetzt mit vielen einzelnen Gehöften. Die Polizeipräsenz lässt zu wünschen übrig. Sowohl der „Ruheplatz“ des Schwarzen Vere und seiner Bande im Wald beim Schlösslehof als auch die Hehlerwirtschaft des Mezler in Spöck sind auf Ostracher Gemarkung und damit Hohenzollerisch. Von diesen Stützpunkten aus erfolgen die Raubzüge vor allem auf württembergischem und auch auf badischem Gebiet. Beim Rückzug nach Ostrach ist die Bande sicher, da in Hohenzollern keine Gefahr einer polizeilichen Verfolgung besteht.

Über diesen Ruheplatz sagt Baste Kellermann: „Der Platz ist zwischen Ostrach und dem Schlößlehof, von diesem etwa einen Büchsenschuß, von Ostrach eine halbe Stunde entfernt, die Hütten waren in einem nicht gar dichten Wald, ganz nahe beieinander, wenn man von dem Hof nach Ostrach geht, etwas links, an einem Weg, den die Holzmacher gehen, wenn sie in Ostrach die Kirche besuchen. Wir haben Moos in die Hütten getan, und da haben wir gewohnt.“

Nach Fidelis Sohms Angaben werden diese Hütten nur dann gebaut, wenn es regnet. Von diesem Ort ziehen die Gauner auf ihre Unternehmungen aus, während die Frauen zurückbleiben. Die Frauen besorgen die Wäsche und kochen von den gestohlenen Lebensmitteln. Die Hütten werden wiederholt durch die von dem fürstlich Sigmaringischen Oberamt Ostrach ausgesandten Streifmannschaften zerstört. Diese finden aber außer Viktualien nichts. Um diesen Zufluchtsort an der badischen Grenze zu erhalten, verüben die Gauner kaum Verbrechen auf badischem Gebiet. Gehen die Männer des Nachts auf Beutetour, schlafen die Frauen nicht in den Hütten, wo sie von einer Streifenmannschaft überfallen werden könnten, sondern in den benachbarten Dörfern. Treffen dann am anderen Morgen wieder alle auf dem Sammelplatz zusammen, wird das erbeutete Fleisch gerecht verteilt.

Wer gehört zur Bande des Schwarzen Vere?

Zur Bande des Schwarzen Vere gehören vom 20. März 1819 an folgende Personen:

Teilweise sind noch folgende Gauner in der Bande anzutreffen:

Xaver Hohenleiter, der Schwarze Vere,

wird 1788 in Rommelsried, königlich bayerisches Landgericht Zusmarshausen als Sohn armer Hirtenleute geboren. Mit acht Jahren hilft er seinem Vater beim Hüten, besucht aber nur einen Winter die Schule, so dass er leidlich lesen, aber nicht schreiben kann. Mit 13 fängt er an, bei Bauern zu arbeiten. 1816 lässt er sich in Augsburg als Gemeiner in das bayerische Chevaulegers-Regiment „König“ anwerben, desertiert aber schon nach acht Tagen. Um als Desertierter nicht ausgeliefert zu werden, geht er nach Österreich, wo er in Budweis als Flüchtling einen Pass zum Aufenthalt in Österreich erhält. Darauf zieht er ein Jahr in der Gegend um Linz, im Innviertel, im Land Salzburg und in der Steiermark umher, bettelnd und tageweise arbeitend. In Lachen im Kanton Schwyz erhält er auf Vorlage eines alten geschenkten Passes einen echten Pass auf den Namen Kraus von Laufenburg, mit dem er in der Schweiz, in Baden und Württemberg unterwegs ist.

Er ist ein großer, starker, muskulöser Mann mit einem von der Sonne gebräunten Gesicht, feurigen Augen und prachtvollen, blendend weißen Zähnen. Sein dichter Backen- und Kinnbart und seine in langen Flechten herabhängenden Haare sind pechschwarz, weshalb er „Schwarzer Vere“ genannt wird. Der bis zu den Knien reichende, schwarze Rock ist unten zugeknöpft; oben steht er weit offen und zeigt den nackten Hals und die entblößte Brust. Der hohe, schwarze Hut sitzt seitwärts auf dem Kopf. Er trägt kleine, fein ziselierte Ohrringe aus Gold - die anderen Bandenmitglieder tragen silberne Ringe. Sein ganzes Äußeres ist Furcht einflößend.

Friedrich Klump, der schöne Fritz

kommt 1791 in Besenfeld, Oberamt Freudenstadt als Sohn eines Metzgers und Tagelöhners zur Welt. Er genießt eine ordentliche Erziehung, regelmäßigen Unterricht und lernt das Bäckerhandwerk, gerät aber an einen Meister, der ihn zum Stehlen anhält. 1809 wird er französischer Proviantbäcker. Nach Ende des Kriegs zieht er in Österreich, der Schweiz, im Breisgau und Frankreich umher, ohne Arbeit zu finden. 1817 trifft er beim Wirt Mezler in Spöck auf den Schwarzen Vere, schließt sich ihm an, wird sein unzertrennlicher Gefährte und verlässt ihn nicht mehr bis zu ihrer Gefangennahme. Klump ist noch größer als der Vere und ebenso muskulös. Er hat ein weißliches Gesicht und rötliche Haare, die in freien Locken bis tief in die Stirn hängen. Er macht einen freundlichen Eindruck. Seine Spezialität sind das Fälschen von Pässen und die Manipulation von Wanderbüchern.

Fidelis Sohm, der einäugige Fidel,

geboren 1793 in Witzigwenn, Landgericht Lindau ist ein Sohn armer aber ehrlicher Leute. Der Vater ist Maurer, die Mutter strickt und näht. Vom sechsten Lebensjahr an hüteter im Sommer Vieh bei verschiedenen Bauern, besucht die Schule und lernt lesen aber nicht schreiben. Die Maurerlehre, die er mit 14 Jahren beim Meister seines Vaters beginnt, gibt er nach einem Jahr auf, weil es ihm zu „dreckig“ ist. Er dient drei Jahre bei einem Bauer als Unterknecht und arbeitet mit 18 für drei Jahre als Zimmermann, bis ihm im Winter die Arbeit ausgeht. Aus Hunger will er betteln, stiehlt dann aber 15 fl und eine Sackuhr. 1815 wird er vom Bayerischen Appelationsgericht des Iller-Kreises wegen mehrerer Diebstähle zu einem Jahr Strafarbeitshaus im Zuchthaus Buchloe verurteilt. Nach der Entlassung stiehlt er im August 1817 in Niederwangen/Württemberg einem Bauern 50 fl, wird in Lindau verhaftet und zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. In der Nacht vom 13./14 Juli 1818 bricht er aus der Frohnfeste in Lindau aus und zieht danach in Württemberg und in Tirol herum. Vom Landgericht Lindau wird er als ein „sehr gefährlicher Mensch“ aber nicht als „ein kühner, unternehmender Dieb“ geschildert. Er steht meist auf Wache, dann „hätte ich doch zuerst entrinnen können“. Sohm ist mittelgroß, schlank und kräftig. Er hat blondes Haar, das gescheitelt ist und in langen, dicken Locken in das Gesicht herein hängt, ein blühendes Angesicht und Zähne wie Elfenbein. Das linke Auge ist blind. Er trägt eine dunkelgraue Jacke mit glänzenden Metallknöpfen und Seitentaschen, eine rote Weste mit einer Einfassung aus schwarzem Samt und weite, weiße Beinkleider, welche durch ein um den Leib geschlungenes, rotes Tuch festgehalten werden, dazu einen schwarzen Filzhut mit breitem Rand. Als Waffe führt er eine kleine mit Messing beschlagene Pistole, die er in einer Hosentasche stecken hat, sowie ein silberbeschlagenes „Besteckmesser“ mit Querbügel in einer schwarzen Lederscheide und einen knotigen Birkenstock, der am unteren Ende mit Blei ausgegossen ist. Sebastian Kellermann, der Baste, wird 1800 in Burgau, Württemberg als Kind vagabundierender Eltern geboren. Der Vater ist aus Adelsdorf, Bamberg gelernter Schneider und war 36 Jahre Soldat. Nach seiner Entlassung zieht er mit seiner Frau und seinen sechs Kindern umher und schneidert. Als er 1805 stirbt, bleibt Baste bei der Mutter, bis er sich mit neun Jahren für eine Saison als Hirtenbube verdingt. Danach wandert er bettelnd und teilweise – ohne Lohn – arbeitend in Lumpen in Baden, Bayern, Württemberg, Tirol und der Schweiz herum, wobei er bei einem Kessler das Kesseln und Dächlesmachen (Regenschirmmachen) lernt. Der Gauner Kleinmann bringt ihm das Stehlen bei. Kellermann ist schlank und hochgewachsen. Er hat ein gebräuntes Gesicht, schwarze, krause Haare, dunkelbraune Augen und etwas aufgeworfene Lippen. Er trägt ein grünes Wams mit gelben Metallknöpfen, eine rote, grüngeblümte Tuchweste, lederbesetzte Reithosen mit weißen Knöpfen, ein schwarzes Halstuch und einen runden Hut.

Joseph Anton Jung, der Condeer,

kommt aus Unterschwarzach, Oberamt Waldsee und ist der Sohn des wandernden Landkrämers Peter Jung aus Berstorf, Rheinpreußen und der Elisabeth Werlein aus Wurzach. Er zieht die ersten sieben Lebensjahre mit seinen Eltern herum, tritt dann bei verschiedenen Bauern Hirtendienste an und lernt bei Michael Hartmann in Kisslegg das Maurerhandwerk. Im Winter 1816/17 trifft er wieder auf seinen Vater und seine Stiefmutter Theres, die ihn verführt und auf die Verbrecherbahn bringt. Jung ist mittelgroß, aber stark gebaut. Die auffallend dunkle Farbe seines durch Pockennarben entstellten Gesichts, das schwarze, über die Stirn hängende Haar und das dunkle, rollende Auge geben ihm einen Ausdruck von Wildheit, der seinem ganzen Wesen entspricht. Bekleidet ist er mit einer Jacke aus grünem Manchestertuch, über der er einen bis an die Hände reichenden braunen Mantelkragen trägt, der durch einen Haft zusammen gehalten ist. Dazu kommen rot und blau gestreifte Beinkleider und ein abgeschabter runder Hut mit breitem, hinten weit hinunter gezogenem Rand. Er trägt ein langes verrostetes Gewehr über dem Rücken und einen derben Knotenstock. Jung ist der Verwegendste der Bande. Das geladene Gewehr in der Faust dringt er in die Häuser ein, entschlossen, jeden Widerstand mit Gewalt zu überwältigen und den geängstigten Bewohnern das verborgene Geld zu erpressen. Er deckt auch den Rückzug und ist bereit, wenn es nötig sein sollte, von seiner Waffe Gebrauch zu machen.

Christian Maucher, das Bometshauser Schneiderle,

geboren 1787 in Bußmannshausen, Oberamt Wiblingen lernt von seinem ater das Schneiderhandwerk, wird 1813 für ein Jahr Soldat, macht in einem Landbataillon den Feldzug nach Frankreich mit und treibt sich danach als Vagant herum. Im Oktober 1818 trifft er mit dem Schwarzen Vere und dem schönen Fritz zusammen. Seine Begleiterin ist ttilie Hunsinger.

Franz Merkle, der Weberen Franz,

1897 in Belletshausen (Bellershausen), bayerisches Landgericht Leutershausen (Schillingsfürst) geboren, ist ein schöner, großer Mann mit stark gerötetem Gesicht, dunklen Haaren und feurigen, trotzig blickenden Augen. Er hat einen gedrungenen, muskulösen Körperbau und eine gewaltige Körperkrat. Er trägt ein grünes Wams mit hellen Zinnknöpfen, eine blaue Weste und lange, graue Beinkleider.

Maria Josepha Tochtermann, die Günzburger Sephe,

geboren 1793 in Eppishofen, Landgericht Zusmarshausen als Tochter eines armen Webers, der stirbt, als sie zwei Jahre alt ist. Die Mutter ernährt sich durch Stricken. 1814 begegnet Sephe dem Schwarzen Vere, zieht mit ihm herum und nährt sich durch Betteln. 1817 bekommen die Beiden ein Kind. Was Diebsfähigkeit, Verschmitztheit und Lügen angeht, passt sie bestens zum Schwarzen Vere. Sie ist mittelgroß, schlank, hat glänzend weiße Zähne und starke, schwarze Augenbrauen, ein blasses Gesicht und rabenschwarze Haare, die ihr in vielen kleinen Locken um Stirn und Schläfen hängen. Bei ihrer und Veres Kleidung legt sie großen Wert auf Reinlichkeit.

Theresia Jeppler, des Posamentierers (Bortenmacer) Resel,

wird 1789 in Triest als Tochter eines Soldaten geboren. Sie verliert früh ihre Mutter und arbeitet als Dienstmagd. Seit 1805 zieht sie strickend und bettelnd in Württemberg, Baden und Bayern herum, seit 1813 zusammen mit Klump. Sie ist mittelgroß und hat ein blasses Gesicht, das durch Blatternarben entstellt ist, blonde Haare und blaue Augen. Sie trägt ein Baumwolltuch mit weißen und roten Streifen und auf dem Kopf eine in Oberschwaben gebräuchliche schwarze Gimpenhaube.

Katharina Gebhard, die dreckete Mutter,

wkommt 1756 auf dem Tobel bei Wintersulgen, Bezirksamt Pfullendorf auf die Welt. Sie verliert als Kind die Eltern und wächst ohne Schulunterricht auf. Bis zum 25. Jahr hütet sie Vieh. Sie verheiratet sich mit dem Exsoldaten Josef Gebhard aus Riedbieringen, Oberamt Donaueschingen, von dem sie fünf Kinder hat. Mit einem Wagen und zwei Pferden treiben sie Geschirrhandel als wandernde Krämer. Als Gebhard nach 14 Jahren (1795) stirbt, heiratet sie wieder einen Exsoldaten aus Adelmannsfelden, mit dem sie ebenfalls vom Geschirrhandel lebt. Nach dessen Tod 1812 setzt sie d sselbe Geschäft allein fort, bis die „teure Zeit“ eintritt. Danach ernährt si sich von Stricken und Betteln. In Gaunerkreisen wird sie zusammen mit ihrer Familie, die aus Mutter, ohn und den drei Töchtern Agathe, Agnes und Crescenz besteht, „die dreckete Partie“ genannt. Sie ist ein kleines, altes, hageres Weiblein mit grauen Augen, gelblichem Gesicht, großem, zahnlosem Mund und aufgestülpter Nase. Sie geht gebückt. Ihre Kleidung ist unsauber und abgerissen. Sie trägt eine glatte, schwarze Haube, einen Schoben (Kittel) aus blauem Tuch, ein Mieder aus rotem Scharlach, einen schwarzen Rock und eine blaue Schürze.

Agathe Gebhard,

geboren 1796, die Gefährtin von Ulrich ohenleiter, ist kurz und dick. Sie hat lebhafte, braune Augen, stark aufgeworfene Lippen und dunkelbraune Haare, die sie unter die Gimpenhaube steckt.

Crescentia Tochtermann, die Günzbuerger Crescenz,

ist die ältere Schwester der Sephe. Sie ist hochgewachsen, stark gebaut mit schwarzem Haar und dunklem, blatternarbigem Gesicht.

Crescenz Gebhard,

geboren 1790, gehört zum Condeer. Sie ist schlank, hat schwarze, weit in die Stirn reichende Haare, ein bräunliches Gesicht und einen hübschen kleinen Mund, aber eine unschöne Stumpfnase.

Agnes Gebhard,

Jahrgang 1794, die Gefährtin von Sebastian Kellermann, hat ein mageres Gesicht und feurige, schwarze Augen mit starken Augenbrauen. Das rabenschwarze Haar trägt sie von der Stirn zurückgestrichen. 1817 kommt sie mit ihrer Schwester Agathe beim Kriminalamt Altdorf in Untersuchungshaft, weil sie zusammen mit fünf Kerlen einen Diebstahl verübt hat. Sie bleiben 1 ½ Jahre in Haft, werden dann aber gegen Kaution wieder entlassen.

Ottilia Hunsinger, das Ottile,

wird 1889 zufällig in Seekrich am Federsee, Oberamt Riedlingen bei der Durchreise ihrer Eltern geboren. Nach einem langjährigen Vagantendasein, lebt sie seit 1815 mit Maucher zusammen. Gerichtsdiener und Gerichtsarzt bescheinigen ihr Rohheit, Bösartigkeit, Frechheit und Verstocktheit.

Warum wird der Schwarze Vere zum Räuber?

Armut ist der wichtigste Antrieb für viele Menschen Anfang des 19. Jahrhunderts, sich als Räuber den täglichen Lebensunterhalt zu organisieren. Die Ursachen sind Veränderungen in der Gesellschaft, in der Politik und des Klimas, die zur „teuren Zeit“ geführt haben.

Veränderung der Gesellschaft: Der Rückgang der Seuchen und die Heiratserlaubnis für Gesellen und Gesinde führen zu einem enormen Bevölkerungswachstum, ohne dass die Ernährungsversorgung damit Schritt halten kann.

Veränderung der Politik: Als Folge der französischen Revolution werden die Klöster aufgehoben. Damit entfallen Arbeitsplätze und die Unterstützungen Bedürftiger. Die Kriege von 1792 bis 1815 verhindern stabile staatliche Ordnungen und hinterlassen eine zerstörte Infrastruktur.

Veränderung des Klimas: Eine massive Zunahme von Vulkanausbrüchen ab 1812 führt zu einer deutlichen Verschlechterung des Wetters. Die Explosion des Tambora in Indonesien am 11. April 1815 ist die Ursache für Missernten in den Jahren 1816 und 1817 in ganz Europa.

Die teure Zeit: Als Grund für das Abgleiten in die Straffälligkeit geben die Delinquenten immer die „teure Zeit“ an. Die aufgeführten Veränderungen führen zu einer massiven Verteuerung der Grundnahrungsmittel, was zuerst die armen Schichten trifft. Viele Bedienstete werden entlassen, wodurch sich die Zahl der Arbeitslosen weiter erhöht. Die Armut und die Hungersnot wachsen.

Was hat der Schwarze Vere mit einem Vulkanausbruch in Indonesien zu tun?
Der Ausbruch 1815

Der Tambora ist ein 4200 m hoher Vulkanberg auf der indonesischen Insel Sumbawa, der seit Menschengedenken nicht ausgebrochen ist. Seit 1812 bildet sich eine Wolke über seinem Gipfel. Am 5. April 1815 beginnen heftige Explosionen, die man in weiten Teilen des indonesischen Archipels über Tausende von Kilometern hinweg hören kann. Am 10. April um fünf Uhr abends brechen drei Flammensäulen aus der Spitze des Vulkans. Danach erscheint der Berg bis 8 Uhr wie ein Körper aus flüssigem Feuer in allen Richtungen. Es folgt ein Asche- und Steinregen und heftiger Wind. Der unvermeidliche Tsunami ist mit 4 m Höhe höher als jeder früher bekannte. Der Vulkan bleibt nach seiner Ausbruchsphase noch mehrere Wochen aktiv. Von seinen ursprünglich ca. 4200 m Höhe sind nach der Absprengung des Gipfels nur noch 2850 m übrig. Als Folge bildet sich eine 6 km weite Caldera mit einem Kratersee in der Mitte. Bei der Eruption werden ca. 150 Kubikkilometer an vulkanischem Gestein ausgestoßen.

Das Jahr ohne Sommer: 1816

Außerordentliche Stürme mit Gewitter und Hagelschlag sind in Deutschland charakteristisch für den Sommer 1816. Kaum einmal ist die Sonne zu sehen. Im September gibt es den ersten Frost, von Mitte November an ist die Erde mit Schnee bedeckt.

Sofort beginnen die Preise für Brotgetreide unablässig zu steigen, bis sie nach mehr als einem Jahr Ende Juni 1817 ihren Höchststand erreichen. In vielen Gebieten Deutschlands, der Schweiz und Frankreichs steigen die Kornpreise auf das Fünf- bis Zehnfache an. Auf dem Markt in Überlingen steigt der Preis für einen Malter Roggen von 13 fl auf 40 fl und für einen Malter Gerste von 25 fl auf 96 fl. Ein Malter entspricht etwa 130 Liter. Ein fl (Gulden) entspricht etwa 40 EUR.

Der Preis für Fleisch steigt nicht, da Nutztiere in großen Mengen geschlachtet werden müssen. Weil aufgrund des Dauerregens und der Überschwemmungen nicht genügend Futter eingelagert werden kann, gibt es sogar ein Überangebot an Fleisch. Den Armen hilft dies aber wenig, da sie sich schon in normalen Zeiten kein Fleisch leisten können, viel weniger wenn ihr Einkommensquellen durch Arbeitslosigkeit wegfällt.

Die Verbraucher reagieren mit einer Reduzierung des Konsums. Damit setzt die Rückkopplung der Krise ein: Die sinkende Nachfrage bewirkt einen Rückgang des Handels, der seinerseits Bestellungen bei den industriellen Produzenten storniert. Deswegen reicht die Arbeit nicht mehr für alle Beschäftigten aus. Fabriken entlassen Arbeiter, Kaufleute und Handwerker ihre Angestellten und Dienstboten. Sogar auf dem Land werden Dienstboten entlassen, die ohne Beschäftigungsmöglichkeiten nur zusätzliche Esser darstellten, die den Haushalt belasteten. Dienstboten verlieren mit ihrer Entlassung auch ihre Unterkunft. Als Folge der Krise entsteht im Laufe des Sommers ein Heer von Arbeits- und oft auch Wohnungslosen, die verzweifelt auf der Suche nach Arbeit sind, weil sie nicht über Mittel verfügten, um auch nur kleinere Lohnausfälle zu kompensieren: Immer mehr Bettler fallen den Gemeinden zur Last oder gehen auf Wanderschaft, die sozialen Spannungen wachsen und die Zahl der registrierten Eigentums- und Gewaltkonflikte steigt an. Im Großherzogtum Baden verdreifacht sich die Zahl der Anklagen wegen Diebstahls vor Gericht zwischen 1815 und 1817.

Vögel, Hasen und Dachse sind ihres Lebens nicht mehr sicher, sogar Maulwürfe und Ratten wandern in die Kochtöpfe. Die Wilderei erlebt in der Not einen steilen Aufschwung. Doch nicht besser ergeht es den Haustieren: Katzen verschwinden von den Straßen, Ziegen und Schafe werden aus den Ställen gestohlen. Sogar Kettenhunde, die Eigentümer bewachen sollten, landen im Kochtopf. In vielen Gegenden werden Rinder und Pferde zum Verzehr freigegeben, wenn das Futter nicht ausreicht, um sie durch den Winter zu bringen. Selbst die Kadaver verendeter Tiere werden von den Hungernden verzehrt.

Wegen des Dauerregens sind die Wege durchweicht, wegen des vielen Schnees sind Passstraßen unpassierbar. Wegen der Überschwemmungen sind viele Brücken zerstört. Diesen Hindernissen steht ein gesteigerter Bedarf an Mobilität gegenüber, der sich aus den Entlassungen, heimwärts strebender Arbeitslosen, wohnungslosen Bettlern, mobilen Vaganten und den rasch auftretenden Banden von Wegelagerern und Straßenräubern ergibt. Hinzu kommen die beginnenden Ströme von Auswanderern, die in Deutschland entweder donauabwärts nach Russland oder rheinabwärts nach Amerika reisen. Ein weiterer Grund, warum die Wirtschaft zum Stillstand kommt, hängt mit der Kälte zusammen: Sobald die Temperaturen im Winter unter die Frostgrenze fallen, versiegt die wichtigste Energiequelle der Vormoderne: die Wasserkraft. Im Winter 1816 kommt in Teilen Europas die Industrie zum Stillstand, weil die Wassermühlen festfrieren.

Fehlende Sensibilität zeichnet anfangs die Politik der meisten Regierungen gegenüber der Not der Bevölkerung aus. Als besonders insensibel gilt Württembergs König Friedrich I. (1754-1816). Nachdem er 1797 die Regierung übernommen und sein Land durch die Wirren der Revolutionskriege und der französischen Okkupation geführt hat, steigt er am 1. Januar 1806 zum König von Napoleons Gnaden auf und vergrößert das alte Herzogtum um eine Reihe von Kleinstaaten. Der extrem fettleibige Monarch führt eine Reihe wichtiger Reformen durch, zieht sich aber die Feindschaft vieler Reformer zu und wird schließlich für die Hungerkrise im Land verantwortlich gemacht.

Sein plötzlicher Tod am 30. Oktober 1816 bietet die Chance zu einem Regierungswechsel. Das neue Königspaar, der gutaussehende Thronfolger Wilhelm I. (1781-1864) und seine kongeniale (zweite) Ehefrau, die Zarentochter Katharina Pawlowna, verstehen sich auf die notwendige Symbolpolitik. Als erstes führt er eine Armenstiftung für Stuttgart ein, die aus der fürstliche Domänenkasse Zuwendungen erhalten soll, dann erlässt er einen Generalpardon für alle Deserteure und Sträflinge aus vergangenen Kriegen und macht Strafversetzungen in der Vergangenheit rückgängig. Für eine Reihe kleinerer Delikte wie Holzdiebstahl erlässt er eine Amnesie. Er schafft die Geheimpolizei ab und stellt das Brief- und Postgeheimnis wieder her. Außerdem beginnen Verhandlungen über die Wiedereinführung einer Verfassung und eines Parlaments. Größte Sympathien erlangt der König durch drei heute nebensächlich erscheinende Bestimmungen: Mit Dekret vom 29. November gestattet er allen Untertanen, gleich welchen Standes, Bitten und Wünsche an ihn persönlich zu richten. Zweitens mildert er das Verbot des Waffenbesitzes und ermöglicht den traditionellen Schützengesellschaften die Wiederaufnahme ihres Vereinslebens. Drittens beseitigt er die königliche Menagerie, den Tierpark in Stuttgart, der sich zu einem Ärgernis entwickelt hat. Denn während Teile der Bevölkerung am Hungertuch nagen, können sie jeden Morgen beobachten, wie eine Karawane von Mauleseln das Futter für die Tiere herbeiträgt. Die Tierfütterung mit Weißbrot, Fleisch und Gemüse in einer Zeit, in der die Menschen Hunger leiden, symbolisiert ebenso wie die Verfressenheit des alten Königs dessen Missmanagement. Die Königin fördert die Gründung von Wohltätigkeitsvereinen in den wichtigsten Städten, welche die Begüterten zu Spenden und zur Einrichtung von Armenspeisungen aufrufen.

Das Jahr des Hungers: 1817

Die Teuerung von Brotgetreide führt dazu, dass man im Wald und auf den Feldern so gut wie alles sammelt und ausprobiert, was essbar erscheint. Kartoffeln, Rüben oder Hülsenfrüchte werden zu Mehl verarbeitet, um daraus Brot backen zu können.

Mit dem Ende des Ancien Régime sind auch die über Jahrhunderte recht gut funktionierenden alteuropäischen Sozialeinrichtungen verschwunden: Das Eigentum von Kirchen, Klöstern und das Kapital von kommunalen Stiftungen ist verstaatlicht und die lokale Selbstverwaltung vielerorts beseitigt.

Hat 1816 der Dauerregen zu den Überflutungen geführt, so kommt 1817 zum Regen noch die Schneeschmelze hinzu. Dabei geht es nicht allein um den Schneefall des vorigen Winters, sondern um die Menge aller kalten Winter der 1810er Jahre. Das Hochwasser des Bodensees zieht Katastrophentouristen an, die Boote mieten und damit durch die Straßen der Städte fahren. Vom Schiff aus kann man in den Vororten und Dörfern die Früchte direkt von den Bäumen pflücken. In Konstanz wird am 7. Juli 1817 mit 6,36 Metern der höchste Pegelstand aller Zeiten gemessen – bei einem Niedrigwasser sechs Jahre später zeigt der Pegel nur ca. 2 Meter.

Die Zahl der deutschen Auswanderer – vor allem aus der bayerischen Rheinpfalz, aus Baden, Württemberg, Hessen und dem preußischen Rheinland - wird in den Jahren 1816-1818 auf ca. 20 000 geschätzt. 1818 wird vom König der „Cannstatter Wasen“ als landwirtschaftliches Fest gegründet. Das Stuttgarter Fest knüpft direkt an das Vorbild des Münchner Oktoberfestes an. Der König macht die Reform der Landwirtschaft zu seinem Anliegen. Bei der Stiftung des württembergischen Nationalfestes steht die landwirtschaftliche Leistungsschau ganz im Vordergrund, es wird gegründet als „Landwirtschaftliches Hauptfest“.

Um die Arbeitslosen ins Brot zu setzen, werden an vielen Orten des Königreichs Württemberg Beschäftigungsanstalten, Spinn- und Webstuben eingerichtet. Außerdem geht es darum, „verschämte Arme“ aufzuspüren – also Bedürftige, die ihre Armut verstecken – und ihnen durch den Verkauf ihrer Waren ein Einkommen zu verschaffen. Dafür werden Sammelstellen für Handarbeiten und industrielle Eigenprodukte eingerichtet, die sowohl von den Armen selbst als auch von Frauen aus den wohlhabenderen Ständen abgegeben werden. Der Verkauf dieser Produkte soll ebenfalls Einkommen generieren. Mittellosen Handwerkern, die sich aufgrund der Lebensmittelteuerung keine Rohstoffe mehr für ihre Gewerbe kaufen können, werden kostenlos Rohstoffe zur Verfügung gestellt, damit sie weiter ihren Berufen nachgehen können. Der König verpflichtet sich zu einer jährlichen Beihilfe von 10 000 Gulden. Diesem Vorbild folgen weitere Mitglieder der Dynastie, darunter auch die aus Württemberg stammende Zarenmutter Maria Feodorowna, die zu Besuch in Stuttgart weilte. Kinderbeschäftigungsanstalten werden unter der Bezeichnung „Katharinen- und Marienpflege“ eingeführt.

Am Ende der Hungerkrise von 1816/17 ist die Erleichterung so groß, dass nicht der letzte, sondern der erste Erntewagen gefeiert wird. Tatsächlich gibt es offizielle Anordnungen der Landesregierungen, im ganzen Land Erntedankfeste zu feiern.

Wie verständigen sich die Gauner?

Die Mitglieder einer Räuberbande verständigen sich im Beisein anderer Personen mit einer Geheimsprache, dem Rotwelsch. Daneben verwenden sie noch weitere Geheimcodes, die Zinken.

Teilweise geben diese Gaunerzinken über den Inhaber Auskunft, über das Datum und den Ort des nächsten Delikts und über die Bandengröße.

Vereinfachte Zinken an Häusern oder Türen geben über die Spendenfreudigkeit der Bewohner Auskunft.

  • Grifflingszinken, die mit den Fingern gemacht werden
  • Kundenzinken, Besonderheiten in Gestik und Mimik
  • Lautzinken, einfache Zeichen oder Tierstimmen
  • Grafische Zinken, einfache Zeichen oder Symbole, an Häusern oder Bäumen angebracht, die weiteren Kunden Informationen liefern sollen

Was haben der Schwarze Vere und seine Bande verbrochen?
18./19. Dezember 1817

Brand der Ölmühle des Josef Schaib von Riedlingen und Einbruch beim Schultheiß Holdenried in Neufra durch den Schwarzen Vere, Friedrich Klump und Franz Merkle. Weil sie überrascht werden, lassen die Diebe 30 Pfund Fleisch, in Säcken der Ölmühle verpackt, zurück.

20./21. Februar 1818

Einbruch im Einödshof Vorsee bei Wolpertswende, Oberamt Ravensburg beim Bauer Johann Rümmele durch den Schwarzen Vere, Friedrich Klump und Ludwig Wiesinger aus Moosheim. Sie erbeuten Rauchfleisch und andere Gegenstände im Wert von 101 fl 42 kr. Am Tag darauf trennt sich Wiesinger von den Anderen. Diese treffen dafür in Ostrach mit den Frauen und Heinrich Amman von Geislingen, dem Siechenheiner zusammen.

März 1818

Einbruch beim Bauern Wendelin Nell in Unterweiler, Oberamt Ravensburg durch den Schwarzen Vere, Friedrich Klump und den „Siechenheimer“ Heinrich Sie entwenden Rauchfleisch von einem ganzen Schwein, Kleider und Schuhe und übernachten anschließend im Schlösslehof. Danach trennt sich der Siechenheiner von der Bande, weil es ihm an „Courage“ fehlt.

18./19. März 1818

Einbruch bei Johann Reusch in Waldbeuren, Bezirksamt Pfullendorf durch den Schwarzen Vere und Friedrich Klump. Die Beute besteht aus Kleidern im Wert von 10 fl.

Anfang April 1818

Einbruch bei Vinzenz Dürr in Oberessendorf, Oberamt Waldsee durch den Schwarzen Vere und Friedrich Klump. Sie stehlen Fleisch.

26./27. April 1818

Einbruch bei Alois Bulach im Schneidermichelshof bei Haidgau, Oberamt Waldsee durch den Schwarzen Vere, Friedrich Klump, Franz Merkle und den Urle, wobei Effekten im Wert von 10 fl erbeutet werden, und bei Anton Hopp in Osterhofen, Oberamt Waldsee, wo Diebesgut im Wert von132 fl 52 kr entwendet werden.

10. April 1818

Angriff auf den Polizeidiener Lorenz Kopf bei Mittelbuch, Oberamt Biberach durch den Schwarzen Vere und Friedrich Klump. Der Polizeidiener trifft auf einem Einödhaus bei Mittelbiberach einen Mann und sechs Frauen an. Nachdem der Mann in den Wald geflüchtet ist, verhaftet der Polizeidiener die Frauen und will sie nach Mittelbiberach transportieren. Unterwegs wird er von dem Geflüchteten und einem weiteren Mann überfallen und so geschlagen, dass der linke Unterarm gebrochen ist. Die ganze Bande flüchtet darauf in den Wald.

Herbst 1818

Einbruch auf dem Hof von Benedikt Salzgeber bei Arnach, Oberamt Waldsee durch den Schwarzen Vere und Friedrich Klump. Sie entwenden Schmalz und Brot.

Herbst 1818

Diebstahl eines Ochsen durch den Schwarzen Vere und Franz Merkle. Vom Gespann eines Bauern, der im Wald Holz holt, machen sie den Ochsen los und ziehen ihm Stiefel an, um die Spuren zu verwischen.

28./29. Oktober 1818

Einbruch bei Anton Behringer in der Einöde Soldatenhaus bei Bellamont, Oberamt Biberach durch den Schwarzen Vere, Friedrich Klump und den Urle. Sie rauben 10 Maß Branntwein, 70 Pfund Schmalz und Brot im Wert von 39 fl 17 kr.

4. Dezember 1818

Einbruch beim Wirt Michael Feßler zum Stadler bei Mattenhaus, Oberamt Waldsee durch den Schwarzen Vere, Friedrich Klump und Christian Maucher. Sie stehlen eine Anzahl Brote aus dem Keller.

Seit Weihnachten 1818

treiben sich der Condeer mit dem Schwarzen Vere, dem Urle und Friedrich Klump in Baden herum, bis sie in Spöck zusammentreffen. Ein lustiges Leben entfaltet sich um diese Zeit in dem Wirtshaus Mezler in Spöck, einer berüchtigten Gauner- und Hehlerherberge. Hier trifft man sich mit oder ohne Verabredung, alte Bekanntschaften werden erneuert, neue geschlossen. Am Abend geht es fröhlich her, es wird gezecht und getanzt, und der alte Seppel, Joseph Lang, spielt die Klarinette und die Schwefelpfeife. Die Wirtsleute Mezler kennen zwar die Gauner namentlich, leugnen später aber jede nähere Bekanntschaft mit ihnen.

11./12. März 1819

Einbruch in Langengassen im badischen Bezirksamt Pfullendorf durch den Schwarzen Vere, den Urle und Christian Maucher. Die Gauner wollen Schweine holen, finden aber keine. Stattdessen entwenden sie zwei kupferne Häfen und ein langes Messer.

Am 16. März 1819

treffen Crescentia Tochtermann und Crescentia Gebhard mit dem Schwarzen Vere, dem Urle, Friedrich Klump, Theresia Jeppler, dem „Condeer“ Joseph Anton Jung, Fidelis Gindele und Carl Krain aus Zitzenhausen auf dem Ruheplatz im Pfullendorfer Wald zusammen.

16./17. März 1819

Einbruch beim Bauern Joseph Rehm in Reute bei Fleischwangen durch den Schwarzen Vere, dem Urle, dem Condeer, Christian Maucher, Fidelis Gindele, Friedrich Klump (mit Pistole) und dem Carle Krain. Die Gauner nehmen aus dem Kamin 35 Braten mit einem Gewicht von 100 Pfund, desweiteren ein Oberbett, einige Häfen und Pfannen sowie verschiedenes Weißzeug und Kleidungsstücke. Auf dem Ruheplatz im Pfullendorfer Wald wird das Diebesgut verteilt; vom Fleisch erhält jeder den gleichen Anteil, die Kupferhäfen sollen verkauft werden, das Bett erhält Christian Maucher, der dafür jedem 48 kr ausbezahlt. Darauf verlassen Fidelis Gindele und der Carle Krain für immer die Bande.

Am 20. März 1819

besuchen Crescentia Gebhard und Crescentia Kellermann ihre Verwandte Anna Maria Späth in Wangen, Bezirksamt Pfullendorf. Dort treffen sie Katharina, Agnes und Agathe Gebhard, Fidelis Sohm und Sebastian Kellermann. Sie wollen sich der Bande des Schwarz Vere anschließen. Auf dem Rückweg kauft Fidelis Sohm in Ostrach noch Pulver für sein Terzerol. Auf dem Ruheplatz angekommen, wird ausgemacht, dass man zusammen bleiben wolle. Die Bande des Schwarzen Vere ist damit gegründet. Unter dem Schwarzen Vere herrscht in der Bande ein strenges Regiment: Die Männer haben die Aufgabe, Fleisch und Lebensmittel zu stehlen, die Frauen sollen betteln, die Wäsche richten und kochen. An Waffen besitzt die Bande die Pistole von Friedrich Klump und das Terzerol von Fidelis Sohm. Es darf nur auf Befehl des Schwarzen Vere geschossen werden, und zwar nur zur Abschreckung bei einer Verfolgung und nur auf die Füße. Zusätzlich sind die Gauner mit Stöcken ausgerüstet, die mit Zinn oder Blei ausgegossen sind. In Klumps Stock ist ein Stilett enthalten.

20./21. März 1819

Einbruch beim Bauer Michael Bosch in Hüttenreute, Oberamt Saulgau durch den Schwarzen Vere, Friedrich Klump, Fidelis Sohm, Baste Kellermann und Christian Maucher. Die Gauner entwenden aus dem Kamin vier Zentner Rauchfleisch im Wert von 53 fl 20 kr. Am Morgen wird das erbeutete Fleisch auf dem Ruheplatz beim Schlösslehof verteilt. Es reicht den Gaunern acht Tage zum Leben. In dieser Zeit werden sie von einer Sigmaringischen Streifenschar überrascht und vom Ruheplatz verjagt, die Frauen werden sogar gefangen, aber nach zwei Tagen wieder frei gelassen. Deshalb wechseln sie nun öfters den Platz. Am selben Tag entfernt sich Maucher mit Sohm, um seine alte Freundin, Ottilia Hunsinger, in Aulendorf aufzusuchen. Er holt mit ihr zusammen beim Wirt in Spöck das Bett, das er in Reute bei Fleischwangen gestohlen hat, und verkauft es an einen Bauern.

31. März 1819

(Mittwoch vor Palmsonntag) Einbruch beim Bauer Peter Büxler in Winterreute (Anm.: Bixel in Wendenreute) bei Riedhausen, Oberamt Saulgau durch den Schwarzen Vere, den Condeer, Fidelis Sohm, den Urle und Friedrich Klump. Sie entwenden 5 Zentner Rauchfleisch, Mehl, Schmalz, Kleider und einen Zinnteller mit einem Gesamtwert von 140 fl 33 kr. Das gestohlene Fleisch reicht wieder für einige Tage. Doch am Tag danach werden Maucher, das Ottile und Crescentia Gebhard bei Dichtenhausen/Baden von der Pfullendorfer Streifmannschaft verhaftet und für einige Zeit nach Pfullendorf gebracht. Nach der Entlassung kommt Maucher nicht mehr zur Bande zurück.

1./2. April 1819

Einbruch beim Bauer Lorenz Keeser in Illwangen, badisches Bezirksamt Pfullendorf durch den Urle, Fidelis Sohm, den Condeer und Friedrich Klump. Die Räuber entwenden 15 Pfund Käse, Brot, Branntwein, zwei Paar Stiefel und ein Tischtuch. Danach befindet sich die Bande zwei Tage im Wald bei Roggenbeuren in Baden, unweit der württembergischen Grenze. Am Samstag vor Palmsonntag brechen die Männer zu einer Diebestour auf. Die Frauen sollen sich solange in Urnau aufhalten.

3./4. April 1819

Einbruch bei der Witwe Schmid im Hof Argenhardt, Oberamt Tettnang durch den Schwarzen Vere, den Condeer, Fidelis Sohm, den Urle und Friedrich Klump. Nach einem siebenstündigen Nachtmarsch kommen die Gauner am Palmsonntag morgens um 6 Uhr an ihr Ziel. Sie warten bis 9 Uhr im Wald, bis alle Bewohner – außer der Witwe – zur Kirche aufgebrochen sind. Die 55 jährige Frau wird schwer misshandelt und gefesselt im Keller zurück gelassen, weil die Räuber bei ihr einen Geldbetrag von 500 fl vermuten. Körperlich gezeichnet und traumatisiert stirbt die Frau drei Monate später. Die Beute besteht aus Branntwein, Betten, Weißzeug, Kleidung und Leinwand im Wert von 441 fl 46 kr. Auf dem Rückweg übernachten die Räuber in einem einsam gelegenen Haus bei Stadelhofen in Baden.

4./5. April 1819

Einbruch der Bande in einem einsamen Haus in Stadelhofen. Um den Durst zu löschen stehlen die Gauner 100 Äpfel aus dem Keller und verspeisen sie sofort. Am anderen Morgen werden die Frauen in Urnau abgeholt. Auf dem Gehrenberg wird anschließend gekocht, gebraten und tüchtig gezecht bis in die Nacht. Die von den Frauen den Bauern verkauften Gerätschaftem erbringen für jeden nur etwa 10 fl.

Vom 6. April 1819

an logieren die Gauner in der Schenke des Wirts und Bäckers Pfefferkorn in Roggenbeuren im badischen Bezirksamt Meersburg, wenn sie nicht gerade auf Diebestour sind. Pfefferkorn ist wie Mezler in Spöck ein Hehler, bei dem Diebesgut verkauft werden kann. Am Abend des 5. entsteht Streit. Am Ende verlässt Baste Kellermann mit Agnes Gebhard und deren Mutter die Bande. Bis Gründonnerstag, 7. April 1819 liegen die Räuber tagsüber mit ihren Frauen im Wald, abends gehen sie in die Wirtschaft zum Pfefferkorn, wo sie trinken und übernachten. An diesem Tag trifft dann Franz Merkle auf die Gruppe.

8./9. April 1819

Einbruchversuch bei Baptist Rist im Weiler Firmetsweiler bei Kappel, Oberamt Ravensburg. Die Eheleute Rist werden wach. Es gibt keine Beute. Der Schwarz Vere wirft einen Stein in ein Fenster. Einbruchversuch bei Sebastian Nonnenbacher auf dem Hof Vogelsang. Es wird ein Fenster eingeworfen. Es gibt keine Beute. Einbruchversuch bei Stephan Zuber auf dem Hof Schwedenbühl. Nun nehmen sich die Gauner in derselben Nacht den Hof von Stephan Zuber vor. Die Bewohner wehren sich erbittert und verhindern den Einbruch. Es entsteht am Haus ein Schaden von 22 fl. Einbruch bei Stephan Grünvogel im Weiler Welde bei Wolkertsweiler, Oberamt Ravensburg durch den Schwarzen Vere, den Condeer, Fidelis Sohm, den Urle, Friedrich Klump und Franz Merkle. Unentdeckt entwenden die Gauner 160 Pfund Rauchfleisch, Mehl, Brot und einen kupfernen Brennhut im Gesamtwert von 53 fl 40 kr. Nach diesem Einbruch kehren die Gauner wieder in Roggenbeuren ein und vertrinken den Erlös des Brennhuts in Höhe von 2 ½ fl. Am Ostersonntag ziehen sie für ein paar Tage zum Ruheplatz bzw. ins Wirtshaus nach Spöck.

11. April 1819 (Ostersonntag)

Überfall auf Johann Georg Müller aus Königseggwald bei der Laubbacher Mühle, Oberamt Saulgau. Franz Merkle und zwei weitere Mitglieder der Bande schlagen zwischen Laubbach und Laubbacher Mühle den Müllerknecht mit Prügeln zusammen und entwenden eine silberne Uhrkette und den Geldbeutel mit 6 Kronentalern.

Am 16. April 1819

trennen sich die Männer von den Frauen, um in Württemberg Geld zu organisieren. Insgeheim wollen sie sich aber nach Frankreich absetzen, da sie sich wegen der vielen Streifen in der Gegend nicht mehr sicher fühlen.

16. April 1819

Einbruch in der Laubbacher Mühle durch den Schwarzen Vere, den Urle, den Condeer, Friedrich Klump und Fidelis Sohm. Nachdem am Vorabend der Einbruch in der Laubbacher Mühle durch die Anwesenheit des Königsegger Forstpersonals vereitelt wurde, dringen die Gauner am anderen Morgen in das Haus ein und verlangen von den Bewohnern Fleisch und Brot. Mit diesen Lebensmitteln verschwinden sie im nahen Wald, um diese zu verspeisen. Dabei erfolgt dann die Festnahme von Friedrich Klump und vom Schwarzen Vere.

Nach der Verhaftung des Schwarzen Vere und von Friedrich Klump kommen Ulrich Hohenleiter und Theresia Jeppler nach und nach mit Fidelis Sohm, dem Condeer, Josepha und Crescentia Tochtermann, Agathe und Crescentia Gebhard bei Roggenbeuren zusammen und ziehen am 6. Mai 1819 nach Oberboshasel, wo sie auf den „Schleiferstoni“ Anton Rosenberger, Lang und den Bläse treffen. Dort wird eine neue Bande unter der Leitung des Schleiferstoni gegründet. Sie setzt sich zusammen aus Anton Rosenberger, Ulrich Hohenleiter mit Agathe Gebhard, Joseph Lang, Blasius Gebhard, Joseph Anton Jung mit Crescentia Gebhard und Fidelis Sohm mit Crescentia Tochtermann. Diese Bande agiert äußerst aktiv, bis sie am 29. Juli 1819 in Gefangenschaft gerät.

Wie werden der Schwarze Vere und seine Bande festgenommen?

Seit Anfang April 1819 hat man in der Nähe von Laubbach und Königseggwald in den Wäldern öfters verdächtiges Gesindel gesehen. Nachdem in kurzer Zeit in Laubbach sechsmal eingebrochen wurde, wenden sich die Bewohner der Laubbacher Mühle an das gräflich Königseggische Forstpersonal in Königseggwald mit der Bitte, ihnen während der Nacht Schutz zu gewähren. So veranlasst Forstverwalter Eckardt, dass mehrere Nächte eine Mannschaft unter dem Forstpraktikanten Heinrich Langen hinter den Weiden des Mühlbachs aufgestellt wird.

In der Nacht vom 15. auf 16. April nähern sich tatsächlich die Räuber, bemerkten aber die Forstleute und ziehen sich wieder zurück. Am anderen Morgen, dem 16. April 1819, kehrt die Schutzmannschaft wieder nach Königseggwald zurück. Langen beauftragt allerdings einen Müllerburschen, sich in der Nähe zu verstecken und ihn zu benachrichtigen, falls etwas Auffälliges geschähe. Kaum ist Langen in seinem Amtszimmer angekommen, sieht er schon den Müllerburschen, wie er wild mit dem Müllerschurz Zeichen gibt. Langen alarmiert das Forstpersonal und reitet mit dem noch gesattelten Pferd sofort los.

In der Zwischenzeit sind die Räuber in die Mühle eingedrungen, haben Fleisch und Brot verlangt und auch bekommen. Als ihre Wachen den Müllerburschen sehen, gehen sie in den nahegelegenen Wald.

Als Langen bemerkt, dass er zu spät dran ist, reitet er in den Wald und erblickt auch die fünf Räuber, die das Fleisch mit dem Brot und Branntwein verzehren. Im Glauben, dass die Hilfsmannschaft bald eintreffe, wendet er sich den Räubern zu und bedroht sie mit seinem Stutzen. Friedrich Klump, der Schwarze Vere und der Condeer fallen dem Pferd in die Zügel. Langen feuert das Gewehr auf sie ab und trifft den Condeer in die Schulter. Darauf flüchten der Urle, Fidelis Sohm und der Condeer. Langen übermannt Klump. Inzwischen ist die Mannschaft mit Hunden angekommen und spürt den Schwarzen Vere auf, der sich im Gebüsch versteckt hat.

Die beiden Gefangenen werden nach Königseggwald gebracht und im Haus des Schultheißen Josef Uhl an einem schweren Eichentisch festgebunden. Tags darauf erfolgt die Überführung ins Oberamt Saulgau und danach die Festsetzung im Turm von Biberach.

Die anderen Räuber treffen wieder mit den Frauen zusammen und halten sich mit diesen ein paar Tage im Pfullendorfer Wald auf. Dort werden alle zusammen am 19. April 1819 von einer badischen Streife gefangen und nach Pfullendorf gebracht. Sie geben aber falsche Namen und Wohnorte an und kommen auf dem Transport wieder frei.

Am 2. Mai 1819 wird Theresia Jeppler im Oberamt Saulgau verhaftet, und kurz darauf werden Josepha und Crescentia Tochtermann ergriffen.

Nach weiteren mit brutaler Gewalt ausgeführten Überfällen durch die Nachfolgerbande des Anton Rosenberger wird Fidelis Sohm am 29. Mai 1819 im Storchenhaus, einer Hehlerwirtshaus zwischen Durlesbach und Mochenwangen festgenommen. Am selben Tag werden dann auch der Condeer und Ulrich Hohenleiter in der Nähe des Storchenhauses verhaftet.

Sebastian Kellermann und Agnes Gebhard werden am 4. Juli 1819 in Ostrach festgesetzt. Kellermann flüchtet mehrmals aus den Gefängnissen in Biberach und in Balingen und ist dann ab 25. Mai verschwunden.

Am 14. September 1819 erfolgt die Festnahme von Katharina Gebhard mit ihren Töchtern Crescentia und Agathe in Stolzensee, Oberamt Wangen und deren Einlieferung nach Biberach.

Welche Strafen werden der Bande des Schwarzen Vere auferlegt?

Ende Mai 1819 befinden sich insgesamt 73 Räuber verhaftet in Biberach. Sie sind im Bürgerturm, Siechenturm und im Seelenhaus, die gefährlichsten im alten weißen Turm westlich der Stadt untergebracht. Da diese Räumlichkeiten nicht sicher sind, werden die Gauner an die Wand gekettet.

Das Ende des Schwarzen Vere ist legendär: Am 20. Juli 1819 zieht ein Gewitter über Biberach. Um 21.45 Uhr schlägt ein gewaltiger Blitz in den Siechenturm ein. Von der Wetterfahne fährt der Blitz am Kamin entlang bis zum zweiten Stockwerk, wo er vom Kamin auf die Kette springt, an der der Schwarze Vere gefesselt ist, und tötet diesen sofort. Am nächsten Tag wird er „ohne Klang und Gesang“ im Beisein eines Geistlichen und Meßmers „in der Garten Ecke“ des früheren Armenhauses neben der katholischen Gottesackerkapelle, dem Biberacher Friedhof für die Fremden, beigesetzt.

Friedrich Klump, der schöne Fritz, erhält eine Strafe von 20 Jahren Zuchthaus und zu jährlich 20 Stockstreichen. Er stirbt 1827 in Haft.

Ulrich Hohenleiter, der jüngere Bruder vom Schwarzen Vere stirbt 1820 noch vor seiner Verurteilung an der Schwindsucht, d.h. an einer Lungenentzündung.

Josef Anton Jung, der Condeer, erhält 1824 eine lebenslängliche Zuchthausstrafe und jährlich 25 Stockstreiche. Anlässlich der Jubelfeier der 25 jährigen Regierung von König Wilhelm reicht Jung 1841 ein Begnadigungsgesuch ein, in Folge dessen die Strafzeit auf 22 Jahre herunter gesetzt wird. Nach seiner Entlassung im Jahre 1846 lebt er als ruhiger Bürger in Ellwangen, Oberamt Leutkirch und ernährt sich als Maurer.

Fidelis Sohm, der einäugiger Fidele, wird zu lebenslänglichem Zuchthaus und zu jährlich 25 Stockstreichen verurteilt.

Sebastian Kellermann, der Baste, wird zu 18 Jahren Zuchthaus und jährlich 20 Stockstreichen verurteilt.

Christian Maucher, das Bometshauser Schneiderle erhält 4 Jahre Zuchthaus mit Abschied, d.h. einer körperlichen Züchtigung bei der Entlassung.

Franz Merkle wird nach seiner Flucht aus dem Biberacher Gefängnis 1823 im Bezirksamt Hüfingen gefangen und 1825 verurteilt, obwohl er sich Joseph Waldraff nennt. Er bekommt 3 ½ Jahre Arbeitshausstrafe und 50 Stockstreiche. Nach einer Gefangenenmeuterei 1826 wird die Strafe um ein Jahr verlängert.

Josepha Tochtermann, die Frau des Schwarzen Vere, erhält eine Zuchthausstrafe von 2 ½ Jahren mit Abschied.

Crescentia Tochtermann, die Frau des Fidele, erhält 3 Jahre Zuchthaus mit Abschied.

Theresia Jeppler, die Frau von Fritz, muss 2 ½ Jahre ins Zuchthaus.

Agnes Gebhard, die Frau des Baste, wird mit 3 Jahren Zuchthaus und 15 Stockstreichen bestraft.

Agathe Gebhard, die Frau des Urle, und Crescentia Gebhard, die Frau des Condeers, erhalten 2 ½ Jahre Zuchthaus und 15 Stockstreiche.

Katharina Gebhard, die dreckete Mutter erhält eine Zuchthausstrafe von 2 Jahren.

Die Kosten für die Untersuchung, die Bewachung und die Streifen belaufen sich auf etwa 20.000 fl.